Dienstag, 27. Oktober 2009

Kleinsein

Laut meines Ausweises bin ich 1,59m groß. Das ist gelogen. Ich bin nämlich nur 1,58m groß (klein). Und das war mit 15, also beim Beantragen des Ausweises, nicht anders als heute, mit 21. Und mit 13 war es auch nicht anders. Denn vor kurzem bin ich zu Hause auf ein Kommunionsbild meines kleinen Bruders gestoßen, auf dem ich tatsächlich eine Jeans trage, die ich noch heute im Schrank hab und die mir immer noch passt. Hier sind wir jetzt schon bei einem Vorteil, den das Kleinsein und das Nicht-wachsen mit sich bringt: Kleider kauft man und kann sie tragen, bis sie kaputt sind oder modisch einfach... untragbar werden. Aber das ist ein schwacher Trost gegenüber der vielen Nachteile, denen man im Laufe der Zeit so begegnet.
Ich hab mir mal die Mühe gemacht, eine Liste zu erstellen mit den - mehr oder weniger banalen - Hindernissen, die sich einem in den Weg stellen:

1. das Konzert Problem. Das ist nun wirklich eher banal und auch nicht durch und durch ein Nachteil. Aber auf Konzerten (oder in Menschenmengen allgemein), ist man oft hilflos zwischen Rücken und Schultern eingeklemmt und sieht vom Konzert schlichtweg nichts mehr. Der Vorteil: wenn man es schafft, sich in die erste Reihe durchzuzwängen, hat meist keiner was dagegen. Man versperrt nämlich keinem die Sicht.

2. das Karriere Problem. Das ist nun weniger persönlich, aber doch immer wieder ein wenig deprimierend: Polizist, Soldat, Pilot... all das könnte ich bei meiner Größe nicht werden. Hier zum Beispiel die Einstellungskriterien der Polizei. Und hier die der Bundeswehr (zumindest für den Sanitätsdienst würde es für mich nicht mehr reichen). Ich dürfte auch keine Pilotin werden (1,65m als Mindestgröße) und auch keine Flugbegleiterin (1,60m).
Nun, will ich auch ehrlich gesagt alles gar nicht werden. Bloß Lehrerin. Allerdings fürchte ich da, dass mir schon die Schüler in der fünften Klasse auf den Kopf spucken können...

3. Gutes tun! - Problem. Ich hatte mir echt mal überlegt, mich bei einer Blutspende-Organisation anzumelden. Denn schließlich könnte man so Menschen helfen und Leben retten und der ganze Plan schien mir unglaublich sozial und so. Tja, bis ich auf der Webseite den Hinweis las, dass man mindestens 50kg wiegen muss. Und die hab ich bei der kleinen Größe auch nicht. Und nur noch mehr Nutella essen, um Blut spenden zu können, möchte ich meinem Blutzuckerspiegel nicht unbedingt zumuten.

4. Ausweis bitte!! - Problem. Nun, ich glaube, das kennen viele junge Leute, auch wenn sie nicht so klein sind wie ich. Wenn man Alkohol kaufen will oder in einen Club rein möchte, wird man nach dem Ausweis gefragt. Als ob man aussieht, als sei man noch keine 18!!! Jaja. Nun, als ich im Supermarkt stand und zwei Weinflaschen kaufen wollte, lächelte die Kassiererin mitfühlend an und meinte: "Bist du denn auch schon 16?" . Aber ich will ja nicht meckern. Auch da gibt es durchaus Vorteile. Auf der sündhaft teuren Eisbahn in Winchester bin ich stundenlang zum halben Preis Schlittschuh gelaufen, because "you're not 16 yet, right?" Da sagt man dann ja gerne: "No, I'm not."

5. Die aufmerksamen Großeltern-Problem. Bei uns gab es früher dieses Ritual, dass wir an Heilig Abend bei meinen Großeltern zu Besuch waren und dann, nach dem Essen, von meinem Opa gemessen wurden. Jedes Jahr, um die Fortschritte der Enkelkinder in Richtung "groß!!!!"-werden an der Wand mit Bleistiftstrichen und Größenangabe festhalten zu können. So mit 16, 17 fand ich das irgendwann nicht mehr lustig. Meine Brüder machten regelmäßig wahnsinnige, zum Teil gar zweistellige Sprünge, während ich auf der Stelle blieb und der Platz für neue Bleistiftstriche auf meiner Höhe knapp wurde. Das war verdammt frustrierend, was ich wohl auch nicht ganz verbergen konnte. Besonders furchtbar war dann, als mein Opa plötzlich die 1,59m verkündete, die aber Zeit meines Lebens einen entscheidenen Zentimeter von mir entfernt sein werden. Ich glaub, er hats einfach nur gut gemeint. Meine Oma, mittlerweile recht vergesslich, hat das Ganze mittlerweile aber vollkommen verinnerlicht und verpasst, dass ich mich sogar recht gut mit den 1,58m abgefunden habe. Haben wir uns längere Zeit nicht gesehn, mustert sie mich bei Besuchen immer von oben bis unten und sagt ganz erstaunt und in diesem gestellt-ich-meins-ernst-Tonfall: "Isabel, ich mein, du bist gewachsen!! Doch doch!" Nein, leider nicht, Oma.


Aber wie gesagt: manchmal hat es auch seine Vorteile, die sogar meist finanzieller Natur sind. In der Kinderabteilung passt mir unter umständen noch Größe 152, was erheblich billiger ist als Größe 34 bei den Damen. Und auf der Raststätte, wo es neben der Schranke mit Geldeinwurf einen für Kinder ausgeschnittenen Durchgang zu den Toiletten gibt, nutz ich doch einfach den. Ist für mich wie gemacht.
Achterbahnfahren dürfte ich sicher auch nicht immer so leicht. Aber das sehe ich für mich persönlich jetzt nicht wirklich als Nachteil. Da kann ich ganz gut drauf verzichten, glaub ich.
Es fällt allerdings schon auf, dass man ein wenig unter der Norm rumdümpelt und das nicht immer lustig ist. Unsere Mikrowelle kann ich zum beipsiel auch nicht bedienen. Die steht auf dem Kühlschrank und das sind Höhen, die ich nur mit Leiter erreichen könnte.

Bleibt nur noch zu erwähnen, dass ich nicht nur klein, sondern auch noch Linkshänder bin, was auch manchmal verdammt nervig sein kann. Aber das wäre wieder ein Blogeintrag für sich. Little by little...


Isabel

currently listening: Radiohead- Bulletproof (I wish I was...)

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